Friedrichssche Erweiterung

Die Friedrichssche Erweiterung (nach Kurt Friedrichs) ist eine mathematische Konstruktion, nach der bestimmte dicht-definierte lineare Operatoren in Hilberträumen zu selbstadjungierten Operatoren erweitert werden können.

Halb-beschränkte Operatoren

Wir betrachten einen linearen Operator A {\displaystyle A} , der auf einem dichten Teilraum eines Hilbertraums H {\displaystyle H} definiert ist. Dieser Teilraum heißt der Definitionsbereich von A {\displaystyle A} und wird mit D ( A ) {\displaystyle D(A)} bezeichnet. Unter bestimmten Umständen, um die es in diesem Artikel geht, kann man den Operator A {\displaystyle A} zu einem auf einem D ( A ) {\displaystyle D(A)} umfassenden Teilraum erweitern, so dass der erweiterte Operator selbstadjungiert ist.

Ein dicht-definierter Operator A {\displaystyle A} heißt halb-beschränkt, falls es eine reelle Zahl c {\displaystyle c} gibt, so dass A ξ , ξ c ξ 2 {\displaystyle \langle A\xi ,\xi \rangle \geq c\|\xi \|^{2}} für alle ξ D ( A ) {\displaystyle \xi \in D(A)} . Offenbar sind positive Operatoren halb-beschränkt und halb-beschränkte Operatoren sind symmetrisch, denn nach Definition sind alle A ξ , ξ {\displaystyle \langle A\xi ,\xi \rangle } reell.

In der Quantenmechanik auftretende Operatoren sind häufig halb-beschränkt, das c {\displaystyle c} steht dann etwa für eine untere Energie-Schranke. Es stellt sich dann in natürlicher Weise die Frage, ob ein solcher Operator eine selbstadjungierte Erweiterung hat, diese ist dann eine quantenmechanische Observable.

Der Begriff des halb-beschränkten Operators wurde zuerst von Aurel Wintner eingeführt. Später hat Kurt Friedrichs die Theorie der halb-beschränkten Operatoren weiterentwickelt.[1]

Energetischer Raum

Sei A {\displaystyle A} ein halb-beschränkter Operator mit A ξ , ξ c ξ 2 {\displaystyle \langle A\xi ,\xi \rangle \geq c\|\xi \|^{2}} für alle ξ D ( A ) {\displaystyle \xi \in D(A)} und λ {\displaystyle \lambda } sei eine reelle Zahl mit λ + c > 0 {\displaystyle \lambda +c>0} . Sei

[ ξ , η ] λ := A ξ , η + λ ξ , η {\displaystyle [\xi ,\eta ]_{\lambda }:=\langle A\xi ,\eta \rangle +\lambda \langle \xi ,\eta \rangle } für ξ , η D ( A ) {\displaystyle \xi ,\eta \in D(A)} .

Dann ist [ , ] λ {\displaystyle [\cdot ,\cdot ]_{\lambda }} eine positiv definite Form auf D ( A ) {\displaystyle D(A)} und man kann daher die Norm ξ λ := [ ξ , ξ ] λ {\displaystyle \|\xi \|_{\lambda }:={\sqrt {[\xi ,\xi ]_{\lambda }}}} auf D ( A ) {\displaystyle D(A)} definieren. D ( A ) {\displaystyle D(A)} ist mit dieser Norm in der Regel kein vollständiger Raum; das führt zu folgender Konstruktion.

H λ := { ξ H ; E s g i b t e i n e F o l g e ( ξ n ) n i n D ( A ) m i t ξ n ξ n 0 u n d ξ n ξ m λ n , m 0 } {\displaystyle H_{\lambda }:=\{\xi \in H;{\rm {Es\,gibt\,eine\,Folge}}\,(\xi _{n})_{n}\,{\rm {in}}\,D(A)\,{\rm {mit}}\|\xi _{n}-\xi \|{\stackrel {n\to \infty }{\longrightarrow }}0\,{\rm {und}}\,\|\xi _{n}-\xi _{m}\|_{\lambda }{\stackrel {n,m\to \infty }{\longrightarrow }}0\}} .

Beachte, dass sich die erste Grenzwert-Bedingung auf die Hilbertraum-Norm auf H {\displaystyle H} bezieht. Eine Folge ( ξ n ) n {\displaystyle (\xi _{n})_{n}} in der Definition von H λ {\displaystyle H_{\lambda }} heißt eine approximierende Folge für ξ H λ {\displaystyle \xi \in H_{\lambda }} . Offenbar ist D ( A ) H λ {\displaystyle D(A)\subset H_{\lambda }} , denn für ξ D ( A ) {\displaystyle \xi \in D(A)} kann man als approximierende Folge die konstante Folge ξ n = ξ {\displaystyle \xi _{n}=\xi } wählen. Man kann nun folgende Aussagen beweisen:

  • Sind ξ , η H λ {\displaystyle \xi ,\eta \in H_{\lambda }} mit approximierenden Folgen ( ξ n ) n {\displaystyle (\xi _{n})_{n}} und ( η n ) n {\displaystyle (\eta _{n})_{n}} , so existiert der Limes [ ξ , η ] λ := lim n [ ξ n , η n ] λ {\displaystyle [\xi ,\eta ]_{\lambda }:=\lim _{n\to \infty }[\xi _{n},\eta _{n}]_{\lambda }} und setzt die auf D ( A ) {\displaystyle D(A)} definierte Form fort.
  • H λ {\displaystyle H_{\lambda }} ist mit der positiv definiten Form [ , ] λ {\displaystyle [\cdot ,\cdot ]_{\lambda }} ein Hilbertraum.
  • Ist auch μ {\displaystyle \mu } eine reelle Zahl mit μ + c > 0 {\displaystyle \mu +c>0} , so ist H λ = H μ H {\displaystyle H_{\lambda }=H_{\mu }\subset H} als Mengen, die durch [ , ] λ {\displaystyle [\cdot ,\cdot ]_{\lambda }} bzw. [ , ] μ {\displaystyle [\cdot ,\cdot ]_{\mu }} definierten Normen sind äquivalent.

Der Raum H λ {\displaystyle H_{\lambda }} hängt also nur von A {\displaystyle A} und nicht vom speziellen λ {\displaystyle \lambda } ab; er wird daher mit H A {\displaystyle H_{A}} bezeichnet und heißt der energetische Raum von A {\displaystyle A} .

Friedrichssche Erweiterung

Sei A {\displaystyle A} ein halb-beschränkter Operator. Dann ist A {\displaystyle A} symmetrisch, das heißt, es gilt A A {\displaystyle A\subset A^{*}} , wobei A {\displaystyle A^{*}} der adjungierte Operator ist. Definiert man

A F ξ := A ξ {\displaystyle A_{F}\xi :=A^{*}\xi } für ξ D ( A F ) := H A D ( A ) {\displaystyle \xi \in D(A_{F}):=H_{A}\cap D(A^{*})} ,

so ist A F {\displaystyle A_{F}} ein selbstadjungierter Operator, der A {\displaystyle A} erweitert. A F {\displaystyle A_{F}} heißt die Friedrichssche Erweiterung von A {\displaystyle A} .

Man beachte, dass im Allgemeinen weder A {\displaystyle A} noch A {\displaystyle A^{*}} selbstadjungiert ist. Erst durch obige geschickte Wahl des Definitionsbereichs erhält man einen zwischen A {\displaystyle A} und A {\displaystyle A^{*}} gelegenen selbstadjungierten Operator, der die Einschränkung von A {\displaystyle A^{*}} auf diesem Teilraum ist. Es ist daher A A F A {\displaystyle A\subset A_{F}\subset A^{*}}

Quellen

  • Hans Triebel: Höhere Analysis, Verlag Harri Deutsch, 1980.

Einzelnachweise

  1. Franz Rellich: @1@2Vorlage:Toter Link/imu2.zib.deHalbbeschränkte Differentialoperatoren höherer Ordnung (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Januar 2021. Suche in Webarchiven) (PDF; 702 kB), 1954, abgerufen am 17. Juni 2011