Mathieusche Differentialgleichung

Als Mathieusche Differentialgleichung wird eine spezielle lineare gewöhnliche Differentialgleichung zweiter Ordnung bezeichnet. Die DGL ist nach dem Mathematiker Émile Léonard Mathieu benannt und ist ein Spezialfall der Hillschen Differentialgleichung mit der Parameterfunktion

q ( x ) = q o + Δ q cos ( x ) {\displaystyle q(x)=q_{o}+\Delta q\cdot \cos(x)}

Lösungen der Mathieuschen Differentialgleichung – meist in Normalform bzw. der unten angegebenen alternativen Darstellung – werden als Mathieu-Funktionen bezeichnet.

Normalform

Die Gleichung wird in der Literatur in unterschiedlicher Form dargestellt. Eine als Normalform bezeichnete Gleichung[1] hat die Gestalt

y ( x ) + [ λ + γ cos ( x ) ] y ( x ) = 0. {\displaystyle y''(x)+[\lambda +\gamma \cos(x)]\cdot y(x)=0.}

Ist x {\displaystyle x} eine Funktion der Zeit

x = ! x ( t ) = Ω t {\displaystyle x\;{\stackrel {!}{=}}\;x(t)=\Omega \cdot t}

so stehen die Abkürzungen λ {\displaystyle \lambda } und γ {\displaystyle \gamma } für

λ = q 0 / Ω 2 ; γ = Δ q / Ω 2 {\displaystyle \lambda =q_{0}/\Omega ^{2}\;;\;\gamma =\Delta q/\Omega ^{2}}

Alternative Darstellung

Die DGL wird unter anderem auch folgendermaßen angegeben[2][3]

  y ( x ) + [ a 2 q cos ( 2 x ) ] y ( x ) = 0 {\displaystyle \ y''(x)+[a-2q\cos(2x)]\cdot y(x)=0}

oder

  x ¨ ( t ) + ω 0 2 [ 1 + h cos ( Ω t ) ] x ( t ) = 0. {\displaystyle \ {\ddot {x}}(t)+\omega _{0}^{2}[1+h\cos(\Omega t)]\cdot x(t)=0.}

Lösungseigenschaften

Die Mathieusche Differentialgleichung lässt sich als lineares Differentialgleichungssystem erster Ordnung mit zwei Gleichungen darstellen:

( 0 1 λ + γ cos ( x ) 0 ) ( u ( x ) v ( x ) ) = ( u ( x ) v ( x ) ) {\displaystyle {\begin{pmatrix}0&1\\\lambda +\gamma \cos(x)&0\\\end{pmatrix}}{\begin{pmatrix}u(x)\\v(x)\\\end{pmatrix}}={\begin{pmatrix}u(x)\\v(x)\\\end{pmatrix}}'}

Die Koeffizientenmatrix ist hier 2 π {\displaystyle 2\pi } -periodisch. Nach dem Satz von Floquet lässt sich die Fundamentalmatrix beschreiben als

Φ ( x ) = P ( x ) exp ( x R ) {\displaystyle \Phi (x)=P(x)\exp(xR)}

Dabei ist R C 2 × 2 {\displaystyle R\in \mathbb {C} ^{2\times 2}} und P : R G L ( m ; C ) {\displaystyle P:\mathbb {R} \rightarrow GL(m;\mathbb {C} )} ebenfalls 2 π {\displaystyle 2\pi } -periodisch. Durch die Berechnung der jordanschen Normalform der Matrix R {\displaystyle R} ergeben sich zwei Fälle:

  1. R {\displaystyle R} hat zwei verschiedene (komplexe) Eigenwerte γ 1 γ 2 {\displaystyle \gamma _{1}\neq \gamma _{2}} : In diesem Fall sind die Lösungen von der Form e γ 1 x ϕ 1 ( x ) {\displaystyle e^{\gamma _{1}x}\phi _{1}(x)} und e γ 2 x ϕ 2 ( x ) {\displaystyle e^{\gamma _{2}x}\phi _{2}(x)} , wobei ϕ 1 , ϕ 2 {\displaystyle \phi _{1},\phi _{2}} jeweils 2 π {\displaystyle 2\pi } -periodisch sind.
  2. R {\displaystyle R} hat einen einzigen Eigenwert γ {\displaystyle \gamma } : Hier sind die Lösungen von der Gestalt e γ x ϕ ( x ) {\displaystyle e^{\gamma x}\phi (x)} und x e γ x ϕ ( x ) {\displaystyle xe^{\gamma x}\phi (x)} mit einer 2 π {\displaystyle 2\pi } -periodischen Funktion ϕ {\displaystyle \phi } .

Siehe auch

  • Parametrischer Oszillator
  • Paul-Falle
  • Quadrupol-Massenspektrometer

Einzelnachweise

  1. Kurt Magnus: Schwingungen: Eine Einführung in die physikalischen Grundlagen und die theoretische Behandlung von Schwingungsproblemen. 8., überarb. Auflage, Vieweg+Teubner, 2008, Kapitel 4, ISBN 3-8351-0193-5.
  2. NIST Digital Library of Mathematical Functions: Mathieu Functions and Hill’s Equation (englisch)
  3. Wolfgang Demtröder: Experimentalphysik 1: Mechanik und Wärme. Springer, 2008, Kapitel 11.7, ISBN 3-540-79294-5.
  • List of equations and identities for Mathieu Functions functions.wolfram.com (englisch)
  • E. Mathieu: Mémoire sur Le Mouvement Vibratoire d’une Membrane de forme Elliptique. In: Journal de Mathématiques Pures et Appliquées. 1868, S. 137–203 (bnf.fr [PDF]). 
  • Mathieu’sche Differentialgleichung in der Zustandsdarstellung Code (Octave) zur numerischen Berechnung eines Anfangswertproblems